
© Anna Stöcher
Hikikomori
Junges Theater1H
Seit acht Jahren hat sich H in sein Zimmer eingeschlossen und verweigert sich konsequent der Gesellschaft, die außerhalb dieser wenigen Quadratmeter liegt. Mit der Außenwelt tritt er nur noch über Chatrooms im Internet in Kontakt. Ansonsten gibt er sich inneren Monologen, philosophischen Eingebungen, witzigen Betrachtungen über das Leben, selbstironischen Erkenntnissen oder wütender Trauer über verlorene Erinnerung hin. Er ist resistent geworden gegen Leistungsansprüche und Erwartungen der Gesellschaft und fristet ein Dasein in Passivität und stummem Protest, das zunehmend in Vergessenheit zu geraten droht. Mutter und Schwester stehen hilflos daneben. Hin- und her gerissen zwischen Apathie, Überdruss und Schuldgefühlen gelingt es ihnen nicht, in Hs Einsamkeit vorzudringen. Als sich Hs Schwester im Chat als das Mädchen Rosebud ausgibt, scheint seine fest gefügte Abwehrhaltung etwas zu bröckeln - doch führt diese vorsichtige Kontaktaufnahme unweigerliche in die Katastrophe. Hikikomori, wie dieses Phänomen der Gesellschaftsverweigerung bezeichnet wird, betrifft in Japan bereits über eine Million Jugendliche. Das Stück will aber bewusst kein Stück über Japan sein, sondern schafft eine nachdenkliche Auseinandersetzung mit der Lebensrealität Jugendlicher heute, deren rebellische Flucht man als «Sozialen Hungerstreik» bezeichnen könnte. Hs Isolation, Schweigen und vollständiger Rückzug stehen exemplarisch für eine Protestform in einer nicht lebbaren Welt, die immer mehr fordert und Jugendliche in virtuelle Alternativexistenzen treibt.
19.01.2006 Theater an der Gumpendorfer Straße, Wien
Arabisch
Estnisch
Italienisch
Rumänisch
Dieses Stück ist für Amateuraufführungen freigegeben. Eine Leseprobe, Aufführungsmaterial sowie Informationen zu den Aufführungsrechten erhalten Sie beim Deutschen Theaterverlag.