© Dagmar Morath
Die Lage
variabel
Der Wohnungsmarkt ist zum Kriegsgebiet geworden: Explodierende Immobilienpreise, Gated Communities als Bollwerke gegen soziale Brennpunkte, Räumkommandos in grundsanierten Altbauten – hier kämpft jeder gegen jeden. Erbinnen und Erben suchen Anlageobjekte für ihr Geld, Paare legen intimste Einzelheiten offen, um das begehrte Loft-Apartment zu bekommen, WGs führen inquisitorische Castings durch, Familien, Alte oder Geringverdienende werden an den Rand gedrängt, weil sie sich die Stadtmitte nicht mehr leisten können, Rufe nach Enteignung werden laut.
«Die Miete ist die soziale Frage unserer Zeit», heißt es einmal in Thomas Melles Text, in dem es nicht nur um die ideale Lage einer Wohnung geht, sondern auch um den aktuellen Stand der Dinge. Poetisch überhöht und zugleich unmittelbar politisch, hat Melle eine vielstimmige Partitur komponiert, ein Gesellschaftspanorama quer durch alle Schichten. Am Beispiel eines konkreten, drängenden Problems zeigt er die konsequente Ökonomisierung unseres gesamten Lebens, in dem die Furcht vor dem Unbehaustsein zum Aufkündigen zivilisatorischer Errungenschaften führt und den Frieden akut bedroht.
24.04.2020 Staatstheater Stuttgart (Regie: Tina Lanik)
Stück-Abdruck in Theater heute 06/2020
Die Aufführungsrechte für Amateur- und Schultheater stehen leider nicht zur Verfügung