Starker Wind

Starker Wind

Ein szenisches Gedicht

(Sterk vind)
(Eit scenisk dikt)

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel

Besetzung

1D / 2H

Lange war der Mann fort, verreist, wie er sagt. Jetzt ist er heimgekehrt, steht wieder in der Wohnung, in der er einst mit Frau und Kind gelebt hat. Das Kind fehlt, doch die Frau ist unverändert da, wenn auch nun zusammen mit einem anderen, jüngeren Mann. Die beiden scheinen ihn gar nicht zu bemerken. Und ist das wirklich noch dieselbe Wohnung, die er damals verlassen hat? Lag sie schon immer so weit oben, im 13. Stock, mindestens, sodass man beim Blick aus dem Fenster die Welt unten kaum mehr sieht? Desorientiert schaut der Mann sich um, schaut nach draußen, und ihm wird schwindelig. Höhenangst paart sich mit der Furcht, dem Leben endgültig entglitten zu sein, in das er doch gerade versucht zurückzufinden. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft fallen ineinander, und plötzlich senkt sich die große Fensterscheibe, die den Mann bisher geschützt hat, lautlos in die Tiefe, und starker Wind weht in den Raum.

Auch Jon Fosse kehrt nach langer Abwesenheit, in der er ausschließlich Prosa geschrieben hat, mit einem «szenischen Gedicht» zum Theater zurück. Fast wirkt es, als nehme er dabei (mit leisen Anklängen an Hitchcocks Vertigo) den Faden eines seiner frühesten Stücke wieder auf: Starker Wind liest sich wie eine Fortsetzung von Da kommt noch wer, das ebenfalls eine Dreiecksbeziehung auslotet. Während dort jedoch das Eindringen eines Fremden in die Zweisamkeit eines Paares eine diffuse Bedrohung bleibt, ist hier jedwede Sicherheit bereits verloren und der Sturz ins Bodenlose unvermeidbar.

Uraufführung
04.09.2021 Det Norske Teatret, Oslo (Regie: Johannes Holmen Dahl)

Deutschsprachige Erstaufführung
14.11.2021 Deutsches Theater Berlin (Regie: Jossi Wieler)

Die Aufführungsrechte für Amateur- und Schultheater stehen leider nicht zur Verfügung.