© Tom A. Kolstad / Det Norske Samlaget
Meer
(Hav)
Deutsch von Hinrich Schmidt-Henkel
2D / 4H
«Ich bin der Kapitän.» – «Ich bin der Gitarrenspieler.» Wie eine Beschwörungsformel wiederholen zwei Männer diese Sätze, als müssten sie sich ihrer selbst versichern. Der eine kommandiert ein Schiff, das es womöglich gar nicht gibt; der andere macht Musik, die niemand hört. Beide treiben sie auf einem Meer, das so real wie unwirklich ist, allgegenwärtig und abwesend zugleich, Ort und Nicht-Ort. Geisterhaft erscheinen bald andere Gestalten, ein junges Paar, ein älteres, vielleicht dasselbe zu verschiedenen Zeiten, vielleicht nur Halluzinationen: Menschen, die einander kennen oder zu kennen glauben, obwohl sie sich nie begegnet sind. Ein unendlich weiter Raum öffnet sich zwischen ihnen, in dem die Sprache zum Rauschen der Wellen wird – gleichförmig und unwirsch, beruhigend und bedrohlich – und das Sein, wie wir es kannten, allmählich mit sich fortträgt.
«Es ist dieses Zwischenreich, dieser Raum, in dem Menschen nur mehr wie Seelen hausen, … der schmerzlich spürbar macht, um was es im Grunde geht: darum, dass dieses große, jahrhundertealte Projekt der Menschheit, miteinander zu leben, so unglaublich schwierig ist. In Fosses Stücken wird die ganze Brüchigkeit gewahr, die Zerrissenheit, die Zuneigung mit Abneigung paart, Zärtlichkeit mit Gewalt, Liebe mit Hass.» (Theater der Zeit)
«Erinnerungen und Emotionen kreuzen sich in diesem Traumspiel, das Unbewusstes und Bewusstes zu einem Vexierbild menschlicher Beziehungskonstellationen verwebt. Es ist, als erwachten auf einmal alle Figuren aus Jon Fosses Stücken und versammelten sich für die Dauer dieser Schifffahrt durch imaginäre Leben. Körperlose Träger von Sehnsucht – einer Sehnsucht nach jener Sphäre des Unerhörten, die Fosse seit je erkundet … Wir sehen, was in uns selbst vorgeht … Nie kam das so klar zum Ausdruck wie hier, bei diesem unaufdringlich schwebenden Spiel, dessen pausendurchsetzte Wortmusik das Ungesagte zur Sprache, zum Sprechen bringt. Den ganzen Fosse enthält Meer.» (Neue Zürcher Zeitung)
22.05.2014 Bergen International Festival in Koproduktion mit Bondeungdomslaget Oslo und Hordaland Theater (Regie: Kai Johnsen)
Deutschsprachige Erstaufführung
17.10.2015 Schauspielhaus Zürich (Regie: Barbara Frey)
Stück-Abdruck in Theater der Zeit 09/2014
Die Aufführungsrechte für Amateur- und Schultheater stehen leider nicht zur Verfügung.