Die Dezimen

Zuerst war es nur ein Gedanke von Hans Eisfeld: Was wäre, wenn man das Dezimalsystem auch auf andere Lebensbereiche als den der Mathematik anwenden würde? Kann es nicht sein, dass sich damit endlich eine Ordnung in die schwankende Welt bringen lassen würde? Schnell gelingt es ihm, seine engsten Vertrauten von dieser Idee zu überzeugen, bald werden es zehn, dann hundert Mitglieder, immer weiter wächst die Bewegung der «Dezimen». Mit Hilfe von Fanny Ferracce, die beste Verbindungen in Wirtschaft und Politik hat, gelingt es ihnen in rasantem Tempo, wichtige Posten in Regierungen, Unternehmen sowie dem Kunst- und Kulturbetrieb zu besetzen. Doch hinter den Kulissen kriselt es: Während Fanny ganz offenkundig die Durchsetzung einer dezimen Weltordnung anstrebt, findet Hans, dem es mehr um das Persönliche ging, sich darin nicht mehr wieder. Er steigt aus. Derweil wittert die Investigativjournalistin Sibel Ceylan Stoff für eine große Enthüllungsstory: Ist die Verfassung durch die Aktivitäten der Dezimen bedroht, oder ist es doch nur eine seltsame, aber harmlose Glaubensgemeinschaft? Was hat es mit dem Umzug nach (ausgerechnet!) Neunkirchen auf sich? Und was sagt der Pfarrer der Gemeinde zu den Provokationen der Zugezogenen? 

Mit Die Dezimen entwirft David Gieselmann eine ebenso schräge wie bedrohliche Bewegung, deren irrwitzigen Argumentationslinien mit nicht-dezimem Verstand kaum beizukommen ist. Und doch zeigt er auf, wie schnell die Masse ihrer Anhänger:innen eine ungeahnte Kraft entwickelt, die unvermeidbar an heutige antidemokratische und verfassungsfeindliche Gruppierungen denken lässt.