© Max Bohm
Das kalte Herz. Kein Märchen
nach Wilhelm Hauff
2D / 5H
Die Zeiten, in denen man sich in Peters Stadt vor dem Holländer-Michel fürchtete, der einem das Herz herausriss, sind vorbei. An das Glasmännchen, das einem Sonntagskind zum Glück verhilft, glaubt erst recht keiner mehr. Glück, das wäre für Peters Freunde höchstens, vom Fernsehen entdeckt zu werden. Seiner Mutter würde es schon reichen, wenn ihr Sohn kein Versager wäre wie sein Vater Michel, der im Keller wohnt und vergessen hat, wer er ist. Und Mutters Lebensgefährte Glasmann hofft bloß, dass Peter endlich auszieht.
Aber Peter hat weder Lust, sich mit seinen Freunden bei Schlägereien auszutoben, noch den Weg in die Kleinbürgerlichkeit anzutreten; für die ewigen Ratgeberweisheiten des Glasmanns hat er nichts als Verachtung übrig. Er träumt vom Anderssein und kann doch nichts ändern – bis er Lisbeth begegnet und von ihr lernt, wie man sich ein neues Leben herbei lügt. Plötzlich ist die alte Welt verschwunden, und Peter ist ein Held, gefeiert und bewundert, mit schöner Frau, schöner Wohnung und ohne irgendein Problem. Doch nach und nach regt sich Widerstand in Peters zwangsoptimierter Umgebung, ein Widerstand, dessen er nicht mehr Herr werden kann.
Das kalte Herz, eines der düstersten Märchen Wilhelm Hauffs, stellt die Frage nach dem Preis des Glücks ohne Verstand und der Gier ohne Mitmenschlichkeit. Auch in Gerhild Steinbuchs Neuinterpretation sind die Menschen weder klüger noch großherziger geworden. Von den Märchen sind ihnen bloß die Lügen geblieben. Die Sehnsucht wird davon nicht kleiner - aber wie kann dann am Ende alles gut werden?
26.11.2011 Theater Chemnitz (Regie: Schirin Khodadadian)
Die Aufführungsrechte für Amateur- und Schultheater stehen leider nicht zur Verfügung.